GMX und web.de, neben 1&1 die beiden großen Marken der United Internet AG, bieten seit etwas über zwei Jahren nun den sogenannten MultiMessenger an, ein Programm mit dem man gleichzeitig in verschiedenen Instant-Messenger-Netzwerken online sein kann. Das ganze basiert auf Jabber beziehungsweise XMPP. Ein willkommener Nebeneffekt ist, dass man mit den Zugangsdaten vom Mail-Konto eines der beiden Provider prinzipiell direkt einen Jabber-Account hat, den man mit beliebigen Clients nutzen kann. In unserem Freundeskreis machen von dieser Möglichkeit (also Jabber-Account am MultiMessenger vorbei) etwa ein halbes Dutzend Leute Gebrauch und haben so einen Jabber-Account mit leicht zu merkendem Nutzernamen und Passwort – die selben wie beim Mail-Account halt.
Heute mittag war ich etwas verwundert, jemanden aus dieser Runde im Jabber online zu sehen, der um diese Zeit während der Arbeit üblicherweise keinen Jabber-Client benutzt, sondern maximal im Browser die E-Mails abruft. Die verwendete Ressource lautete webmessenger, was mich vermuten ließ, dass GMX und web.de da jetzt ein wenig wie GoogleMail arbeiten. Dort kann man GoogleTalk, also Google’s Form von Jabber, auch nutzen, während man über das WebFrontend seine Mails liest. Also hab ich mich mal bei den beiden Portalen eingeloggt und siehe da:
Am oberen Rand des Browserfensters (naja also des sog. Viewports, vom Inhalt oder sagen wir mal der Seite selbst eben) sind neuerdings verschiedene Symbole. Von links nach rechts sind das das Logo von GMX bzw. web.de, ein Briefumschlag für den Posteingang und dann eine bunte Sprechblase. Hinter dieser verbirgt sich sozusagen das Webfrontend des Multimessengers. Wer diesen oder einen anderen Jabber-Client mit diesen Zugangsdaten schon benutzt hat, sieht auf der linken Seite zunächst mal seine Kontaktliste, wahrscheinlich sind sogar ein paar Leute online. Mit den kann man dann ganz normal chatten, soweit so gut.
Jetzt sehe ich aber bei dieser Geschichte ein paar Probleme. Wie eingangs erwähnt, wird man automatisch im Jabber-Netzwerk angemeldet, wenn man bei GMX oder web.de nun seine Mails liest. Für alle, die den MultiMessenger oder den Account mit einem alternativen Jabber-Client sowieso nicht nutzen, ist das relativ egal, weil da auch die Kontaktliste leer ist. Diese Leute empfangen dann sowieso keine Nachrichten.
Alle anderen haben nun zunächst folgendes Problem: für die Kontakte sieht das so aus, als wären sie online und quasi bereit zu chatten. Die entsprechenden Nachrichten schlagen dann in diesem Webinterface auf. Da erscheint dann eine unscheinbare rote Nummer mit der Anzahl der neuen Nachrichten über dem Sprechblasensymbol. Wenn ich jetzt nicht in diesen OnlineChat klicke, dann ignoriere ich damit nicht nur diese Nachricht, ich bekomme die auch nirgends wieder zu sehen: nicht im normalen Jabber-Client beim nächsten Einloggen und auch nicht im Webinterface beim nächsten Einloggen!
Die Konsequenzen dürften abgesehen von der fehlenden History vielfältige soziale Probleme folgender Art sein:
»Wieso hast Du meine Nachricht heute mittag nicht beantwortet?«
»Ich war heute mittag gar nicht online.«
»Doch, im Jabber, ich hab Dich doch gesehen.
Das wäre nicht so schlimm, wenn die ungelesenen Nachrichten später nochmal auftauchen würden, tun sie aber nicht! Wenn sowas wiederholt passiert, wird das bei technisch nicht versierten Nutzern zu Frustration, Missverständnissen und was weiß ich nicht führen. Das mag sich bitte mal jeder selbst ausmalen.
Was kann man nun dagegen tun? Gute Frage. Nach meinen bisherigen Erkenntnissen, kann man das Einloggen beim Jabber-Server nicht einfach abschalten, so wie das, wenn ich mich recht entsinne, bei Google der Fall ist. Was man derzeit machen kann: man klickt in diesem Messenger-Interface auf »Hauptmenü« und dann auf »Einstellungen«. Dort gibt es derzeit nur eine mögliche Einstellung, nämlich zu eben dieser Anmeldung, wo man auswählen kann, welchen Status man bei der Anmeldung haben möchte. Hier sollte man, um den zuvor geschilderten Missverständnissen vorzubeugen, unbedingt »unsichtbar« auswählen! Das verhindert zumindest, dass die Kumpels einen online sehen und dann Nachrichten an einen schreiben, die nie gelesen werden.
Für den weiteren Verlauf wäre es wünschenswert, wenn GMX und web.de den Nutzer deutlich auf dieses Verhalten hinweisen und das ganze abschaltbar machen würden. Ich werde mal versuchen, diese Betreiber zu kontaktieren, mache mir da aber keine großen Hoffnungen.
Bis dahin schlage ich vor: wenn Ihr Nutzer kennt, die Jabber über GMX oder web.de nutzen und ihre Mail auf der Webseite lesen, weist diese Nutzer deutlich auf diesen technischen Missstand hin und wie sie in zumindest umgehen können!
Technisch ein wenig versierte Nutzer: wenn Ihr in Eurem Jabber-Client seht, dass der Gegenüber gerade nur auf der Ressource »webmessenger« online ist, verzichtet auf das Senden der Nachricht!
Für weitere Vorschläge bin ich offen, könnt Ihr gern hier in den Kommentaren oder per Mail abladen.
Davon abgesehen, habe ich noch ein weiteres Problem festgestellt. Wenn ich aus dem Webinterface heraus Kontakte einlade, die ihren Account auf einem anderen Jabber-Server haben, kann ich mit denen nicht das normale Autorisierungs-Spielchen durchspielen. Die Kontakte verbleiben als unbestätigt in der Liste. Für den Fall, dass die andere Jabber-ID auch als Mail-Adresse funktioniert, kommt dort eine Mail mit einem entsprechenden Hinweis an. Man kann die Autorisierung aber nicht direkt über Antwort auf die Mail oder Anklicken eines Links abschließen, sondern muss von der Gegenseite aus seinem Jabber-Client heraus den GMX/web.de-Kontakt hinzufügen. Danach hat der dann aber den Eintrag doppelt in der Kontaktliste. Kurz und gut: wo »beta« drauf steht, ist in dem Fall auch »beta« drin. :-(
Nachtrag: Zum Glück werden Offline-Nachrichten nicht von diesem OnlineChat abgeholt sondern landen im normalen Jabber-Client, wenn der wieder online geht.
Klingt eher nach pre-alpha, schließlich sind das grundlegende Konzeptschwierigkeiten.
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