Tag Archives: Politik

Internet-Zensur bald auch in Deutschland?!

Die Zeitschrift c’t ist in erster Linie ein Computermagazin. Was sie von anderen Zeitschriften in dieser Sparte unterscheidet ist der Blick über den technischen Tellerrand hinaus zu den politischen und gesellschaftlichen Aspekten der Technik. In der aktuellen Ausgabe wird der Vorstoß der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen beleuchtet, die sich vehement für die Filterung von Kinderpornographie im Internet einsetzt, wohl gemerkt Filterung, nicht Abschaltung. Der c’t-Redakteur findet sehr deutliche Worte:

Was steckt also wirklich hinter all diesen Hirngespinsten? Wenn es nicht die Bekämpfung von Kinderpornos ist, dann kann es nur um die Installation der Sperren selbst gehen. Das würde bedeuten, dass hier mit einem Vorwand eine geheime Liste eingeführt wird, die man nach und nach um weitere strafbare und unliebsame Inhalte erweitern kann. Die viel gelobten skandinavischen Länder zeigen bereits die Richtung: In Schweden versuchte die Polizei 2007 auf Lobbydruck hin, Adressen der Tauschbörsen-Suchmaschine Pirate Bay auf die Kinderporno-Sperrliste zu heben. Ähnliches ereignete sich 2008 in Dänemark.

Oder um es noch deutlicher auszudrücken: hier soll anscheinend unter dem Vorwand des Kampfes gegen Kinderpornographie eine Zensurinfrastruktur geschaffen werden, wie man sie bisher nur aus China kennt. Dass derartige Systeme über kurz oder lang nicht nur für den zur Zeit propagierten Zweck genutzt werden, sondern weitere Begehrlichkeiten wecken und letztlich wohl auch zur Zensur aller möglichen anderen Inhalte dienen werden, davon kann man nach aller Erfahrung ausgehen. Wie weit ist es dann noch bis Kritiker hierzulande auch mundtot gemacht und möglicherweise wegen ihrer Gesinnung verhaftet werden?

Zum nach- bzw. weiterlesen:

Letztere ist durchaus interessant, weil die Argumente, auf die Frau von der Leyen nicht hören will, alle nochmal mit Links hinterlegt sind.

Meine erste Demo – ohne mich

Heute, am 9. November, hat der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit der Mehrheit der großen Koalition verabschiedet. heise online schreibt:

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Jerzy Montag, sprach dagegen in dem heftigen Schlagabtausch von einem “tiefschwarzen Tag für die Bürgerrechte in Deutschland”.

Dem kann ich mich nur uneingeschränkt anschließen. Für mich persönlich gehen damit drei Wochen mit erhöhtem Adrenalinspiegel zu Ende. Es begann damit, dass Juliane am 17.10. bei Webuni den Aufruf für bundesweite Demonstrationen und Kundgebungen weiterleitete, die am 6.11. stattfinden sollten. Die Diskussion entwickelte sich so, dass ich mich in der Woche darauf (zusammen mit Tux) zur Polizeidirektion begab und eine entsprechende Veranstaltung für Magdeburg anmeldete. Wir hatten uns eine kleine Kundgebung an der Goldschmiedebrücke ausgemalt, niemand anders schien Zeit und Lust zu haben und ich vergaß in einem schwachen Moment meine universitären und privaten Verpflichtungen.

Die folgenden Tage bestanden für mich aus massiver Unlust morgens aufzustehen, stressbedingter Appetitlosigkeit und der Kommunikation mit Leuten, die ich nicht kannte über Sachen die ich nie zuvor gemacht hatte. Zu den unbekannten Dingen gehörte weniger das Pflegen des Orga-Wikis sondern vielmehr die Gespräche mit den Jungen Liberalen und der Grünen Hochschulgruppe, die Koordination von Entwurf und Druck der Plakate und Flyer, Verteilen der Aufgaben für den Demotag selbst und so einiges mehr. Am Ende wurde dann trotz zwei Wochen Vorlauf sogar noch die Zeit knapp.

Dank der Hilfe von vielen engagierten Leuten ging dann am Dienstag alles glatt über die Bühne und wurde sogar noch ein kleiner Erfolg. (An dieser Stelle nochmal vielen Dank dafür!) Ich lag um diese Zeit allerdings leider mit einer fiesen Magen-Darm-Infektion im Bett und nutzte die Zeit den Film »Das Leben der anderen« zu schauen – passend zum Thema und sehr bewegend. Gegen Ende sagt dort der Minister Hempf sinngemäß, dass es in der Bundesrepublik nichts mehr gäbe, wogegen man rebellieren könne. Bei der Mitteilung des AK-Vorratsdatenspeicherung von heute heißt es:

Zur weiteren Arbeit des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der die Proteste der letzten Wochen und Monate koordiniert hat, erklärt Ricardo Cristof Remmert-Fontes: “Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung wird weiter die Frage stellen, in welcher Gesellschaft wir in Zukunft leben wollen und daran arbeiten, das Bewusstsein für die Grundwerte unserer freien Gesellschaft zu fördern. Wir sind erst am Anfang unserer gemeinsamen Arbeit.”

In diesem Sinne schalte ich jetzt mal meine Playlist um von den zur Stimmung passenden »Murder Ballads« von Nick Cave zur besten Band der Welt: Die Ärzte mit »Deine Schuld«.

Schicker Minirechner mit Debian

Den Titel der Heise-Meldung musste ich doch nach der Begutachtung des Gerätes glatt mal übernehmen.

Die Rede ist von einem Debian-basierten Desktop-Rechner im Office-Format. Das heißt, er ist nicht überdimensional groß, sondern hat mit (18×11,2×4,8)cm das Format eines etwas dickeren Manuscripts, komplett passiv gekühlt, damit also kaum hörbar und hat dazu nur 12 Watt Leistungsaufnahme, was einen Dauerbetrieb über den gesamten Arbeitstag unbedenklich macht.

Vorinstalliert ist besagtes Debian-System mit dem KDE-Desktop, Firefox und OpenOffice. Damit sollten die meisten Anwendungsfälle abgedeckt sein.

Leider gibt es keinen Testdownload des angebotenen Systems – Debian lässt sich schließlich auf die unterschiedlichsten Arten konfigurieren, wie die verschiedenen Derivate zeigen und auch über die Update-Fähigkeit werden keine Aussagen gemacht. Zweites Manko ist der Preis von 450 Euro – dafür bekommt man durchaus schon einen recht leistungsfähigen PC oder kann einen weniger leistungsfähigen PC 2 Jahre lang mit Strom versorgen. Die Office-Eigenschaften müssen hier gezielt gewünscht und mit viel Geld erkauft werden. Denkbar wäre aber eine Subventionierung solcher Geräte im Rahmen eines Umweltschutzprojektes.

Für mich käme das Gerät wohl nicht in Frage, da es als Entwicklungsrechner nur begrenzt einsetzbar ist. Sowohl Prozessor als auch Hauptspeicher entsprechen nicht mehr den heute üblichen Voraussetzungen. Trotzdem würde ich darauf gern mal ein bis zwei Tage testarbeiten – ich kann mir gut vorstellen, dass sich alle anderen Dinge damit sehr gut erledigen lassen.

Spenden für den AK-Vorratsdatenspeicherung

Netzpoltik.org schreibt heute im Beitrag Der AK-Vorratsdatenspeicherung braucht Geld, dass die Organisatoren der Demo am letzten Sonnabend für weitere Aktionen auch weitere finanzielle Mittel benötigen. Ich habe mich daher entschlossen, sollte es im antiblau shirt shop wider Erwarten zu Einnahmen kommen, sämtliche Gewinne zu spenden. Wer das ebenfalls direkt tun will, kann sich auf der Seite des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung über Möglichkeiten informieren.

Demo »Freiheit statt Angst«

plakat_berlin.indd In den letzten Monaten regt sich Widerstand gegen die Politik des Innnenministeriums. Wer bei Otto Schily schon das Orwell’sche 1984 aufziehen sah, dem geht bei der aktuellen Politik von Wolfgang Schäuble das Messer in der Tasche auf. Die Blog-Szene berichtet schon seit längerem kritisch, ebenso wie heise. In letzter Zeit kommen auch Medien wie Spiegel Online dahinter, dass dort Stück für Stück unsere Grundrechte ausgehebelt werden. (Wer mehr Infos braucht, kann uns gerne ansprechen, es gibt viele Einstiegspunkte zum Lesen und Recherchieren im Internet, die wir gern weiter geben.)

Gegen die zunehmende verdachtsunabhängige Überwachung des Bürgers durch verschiedenste Staatsorgane müssen wir unsere Stimme erheben. Am 22.9. geht es daher in Berlin auf die Straße, um zu demonstrieren. Versteht dies als Bitte und Aufruf auch an der Demo teilzunehmen. Mehr Informationen dazu unter http://www.FreiheitstattAngst.de

Ist Google wirklich böse?

Ein SPIEGEL-Artikel vom 18. Juni, “Ein Tag ohne Google”, hat mich gemeinsam mit der Lektüre des Artikels “Politische Psychologie: Thomas Kliche weiter befragt” von Hanno’s Blog motiviert, doch einmal folgende Frage zu erörtern: “Ist Google wirklich böse?”

Google, obwohl zu Zeiten seines Aufstiegs wegen der guten und schnellen Suchmaschine bejubelt, verliert immer mehr an Ruf und Vertrauen. Schuld daran ist das, was Google überhaupt erst zu einer Suchmaschine macht: Das Sammeln, Aufbereiten und Wiederfinden jeglicher Daten, die sich im Internet anhäufen.

Aber noch einmal zum Kerngeschäft: Sammeln, Aufbereiten und Wiederfinden jeglicher Daten, die sich im Internet anhäufen.

Google wird so gern beschuldigt, unsere geheimsten und persönlichsten Daten preiszugeben und es jedem dahergelaufenen Kriminellen zu ermöglichen, unser Leben auszuspähen. Dabei zeigt uns Google eigentlich nur eins: Welche Daten wir selbst in die öffentlichen Weiten des Internet bugsiert haben und was theoretisch jeder Andere über uns wissen könnte.

Dass man nur mit Kenntnis eines Namens herausfinden kann, wer derjenige ist, wo er wohnt und wie er ist, wird durch Google mit Sicherheit begünstigt, jedoch keineswegs grundlegend ermöglicht. Die Informationen selbst kamen von anderen Stellen, die völlig unabhängig vom Suchmaschinenbetreiber existieren: Die Betroffenen selbst, die private Homepages betreiben, Institutionen, die Lebensläufe ihrer Angestellten veröffentlichen und schließlich auch Regelungen wie das Telemediengesetz, die von uns verlangen, Namen und Anschrift im Impressum zu hinterlassen.

Thomas Kliche hat im E-Mail-Interview folgendes geschrieben:

Die Einführung von neuen Überwachungspraktiken hat aber auch einen einfachen Nebeneffekt: Man gewöhnt sich dran. Man findet dann selbst Rechtfertigungen, warum es gar nicht anders geht, weil man ja selbst mitmacht.

Und auf die Frage hin, warum selbst Experten freiwillige Teilnehmer an solcher Informationsverbreitung wären:

Zeigt das nicht: Selbst kritischere Betrachter haben sich an Datensammlungen gewöhnt? Gerade die kulturell kompetenten Personen haben ja auch – wie Ihre Beispiele belegen – viel Nutzen von der Menge an leicht zugänglichen Unterlagen und Fakten.

Letztendlich hilft uns Google nur, die Informationen, mit deren Preisgabe wir ja doch gewisse Zwecke verfolgen, einfacher aufzufinden. Mit einem großen Vorteil: Google zeigt uns schnell und bequem, wie viel wir von uns selbst preisgegeben haben. Verfügbar haben wir sie selbst gemacht und es stört uns immer weniger, immer mehr Informationen herauszurücken.

“Wenn ich es nicht tu, macht es ein anderer” ist ein Satz, der häufig zitiert wird, um seine Handlungen zu rechtfertigen. Ich halte diesen Satz für überaus fragwürdig, jedoch trifft er in diesem Fall zu. Das Interesse an Informationen ist da, deswegen wird auch jemand danach suchen; in diesem Fall ist das Google. Das ganze WorldWideWeb ist schließlich zum Austausch von Informationen geschaffen worden.

Natürlich ist Google auch ein Unternehmen, das weiterwachsen, Geld verdienen, Konkurrenten verdrängen und die Aktionäre glücklich machen, die, wenn die Unternehmensführung von ihren geldgierigen Zielen abkommt, diese wohl skrupellos durch eine mit weniger Idealismus und Gewissen ersetzen würde. Deswegen wird der Nutzer dazu ermutigt, seine Kalender, Adressbuch, E-Mails und Dokumente ebenfalls bei Google abzulegen, auf dass sie durchsucht werden können. Jedoch habe ich bei noch keiner Google-Suche E-Mails, Kalenderdaten oder Kontaktinformationen anderer Personen gefunden. Ich halte Google nicht für schlimmer als jedes andere Unternehmen, das versucht, Geld zu verdienen und am Markt zu bestehen.

Trotzdem werden vermehrt Stimmen laut, die eine Abkehr vom Suchmaschinenbetreiber fordern. Folgendes Gedankenexperiment: Angenommen, es gäbe Google nicht mehr. Was würde sich ändern?

Zuerst einmal wären wir eines sehr mächtigen Werkzeuges beraubt, das es uns erlaubt, anhand weniger Stichwörter relevante Informationen zu finden. Man mag argumentieren, dass es andere Suchmaschinenbetreiber gibt. Diese würden jedoch, wenn sie Ersatz für Google sind, ebenso wachsen und eines Tages abgeschafft werden.

Für die Informationen im Internet bedeutet das gar nichts. Wie oben schon angedeutet, ist es nicht Google, der die Informationen produziert. Es sind die Internetnutzer. Und die würden mit der Suchmaschine nicht verschwinden. Zwar wäre das Auffinden erschwert, im Sinne des Internets wird es aber prinzipiell immer möglich sein, dieselben Informationen zu erhalten. Wer gefunden werden möchte, verlinkt sich und wer seine Seite geheim halten möchte, kann dies auch heute schon tun. Ohne Link wird auch Google diese Seite nicht finden.

Kommen wir also zu dem Schluss, dass Google die Informationsflut weder verursacht noch fördert, sondern wir es selbst sind, die die Informationen in den öffentlichen Raum werfen. Alles, was Google tut, ist uns beim Suchen und Finden zu unterstützen – und uns einen Spiegel vorzuhalten, der zeigt, wie viel wir letztendlich preisgegeben haben. Darüber mag man verärgert sein, aber nur mit sich selbst. Die Einschränkung von Google beseitigt nur da Symptom, nicht aber die Ursache.

Werkzeuge für den modernen Politiker

Eigentlich wollte ich die Links auf ein Video der ARD-Kinderreporter, die in den letzten Tagen durch meinen RSS-Reader tröpfelten, ignorieren. Aber nachdem Fontblog, law blog und jetzt auch noch Spiegel Online darüber berichtet haben, hab ich mich doch mal zum Ursprungsbeitrag (?) im Blog netzpolitik.org durchgeklickt. (Video gibt’s auch direkt bei Sevenload.)

Da fällt mir doch vor Schreck der Löffel in den Tee. Wer weiß, was der Schäuble geantwortet hätte?! Aber das dürfte von ähnlichem Kaliber sein. Eigentlich dürfte ich diesen Beitrag hier gar nicht schreiben können, so sprachlos wie ich bin.